Der Chefökonom von PIMCO, Joachim Fels glaubt, dass die Weltwirtschaft nach mehr als zehn Jahren Expansion an einem Scheideweg angekommen ist.

Reporter: Wie beurteilen Sie die Weltwirtschaftslage Herr Fels und wie sehen Sie die Zukunft?

Chefökonom: Der Abstieg vom Konjunkturgipfel begann schon Anfang letzten Jahres und dauert schon seit einiger Zeit an. Damals hatte China seine Wirtschaftspolitik verengt, um den Schuldenabbau voranzutreiben. Inzwischen ist der Handelskrieg dazugekommen, der die Abwärtsbewegung verstärkt hat. Die USA hatten im Jahr 2018 eine Sonderkonjunktur wegen des Fiskalimpulses. Der hat aber im Jahr 2019 nachgelassen. Somit haben die Vereinigte Staaten im Konjunkturabstieg aufgeschlossen.

Wir sind an einem Scheideweg angekommen!  Der eine Weg führt in eine Rezession, der andere Weg führt zu einer Konjunkturerholung. Unser Basis-Szenario geht davon aus, dass wir nach einer weiteren Abschwächung des Wachstums für die nächsten paar Quartale wieder eine leichte Erholung sehen werden. Eine Rezension ist also nicht unser Basis-Szenario. Allerdings sind angesichts des Handelskonfliktes und angesichts des sehr niedrigen Wachstums die Rezessionsgefahren durchaus ausgeprägt. Das spiegelt sich auch in unserem Investitionsverhalten.

Reporter: Wie schätzen Sie die Entwicklung im Euroraum ein?

Chefökonom: Die wirtschaftliche Entwicklung im Euro Raum ist äusserst bescheiden. Wir glauben, dass 1% Wirtschaftswachstum im Trend liegt und mit nur 1% Inflation gerechnet werden kann. Der Wert liegt deutlich unter dem Inflationsziel der EZB, Europäischen Zentralbank, die knapp 2 % ansteuert. Deutschland ist schon heute in einer technischen Rezession. Das Bruttoinlandprodukt ist in den letzten zwei Quartalen leicht geschrumpft. Insofern besteht nicht nur für Deutschland eine erhöhte Rezessionsgefahr, sondern auch für den Euroraum und die Weltwirtschaft. Allerdings ist unsere Erwartung eine Erholung der Wirtschaft im Jahr 2020. Ein Grund dafür ist, dass die Fiskalpolitik im Euroraum etwas expansiver wird. Ein anderer Grund ist, dass die EZB bereits mit einem umfassenden Massnahmenpaket reagiert hat und den Negativzins weiter abgesenkt hat. Die EZB gibt auch billigere, langlaufende Kredite für die Banken heraus, und sie hat ihr Ankaufprogramm für Anleihen von 20 Milliarden Euro pro Monat wieder aufgenommen.

Reporter: Was meine Sie zur neuen EZB Chefin Frau Lagarde?

Chefökonom: Die EZB Politik wird sich auch unter Christine Lagarde nicht ändern. Kontinuität und Stabilität hat Priorität. Eine Umkehr der Geldpolitik ist unwahrscheinlich. Im Zweifelsfall und bei ungünstiger Entwicklung, kann die EZB die Zinsschraube noch weiter anziehen und auch das Anleihen-Ankaufprogramm intensivieren.

Reporter: Wie sieht Ihre Anlagestrategie aus?

Chefökonom: In unserer Anlagestrategie legen wir sehr viel Wert auf Liquidität und Flexibilität. Anders gesprochen, Anleger sollten etwas Pulver trocken halten und Investoren tun gut daran, sich über alle Asset Klassen hinweg eher defensiv zu verhalten. Insgesamt empfehlen wir eine leichte Untergewichtung im Aktienbereich insbesondere im europäischen Raum, dafür etwas höherem Fokus auf die USA. Zweitens sind wir in Unternehmensanleihen untergewichtet, weil das Risiko nicht honoriert wird. Dagegen mögen wir Anleihen des Finanzsektors in den USA aber auch in der UK sowie verbriefte Hypothekenanleihen in Dänemark und den USA. Interessant scheint uns ebenfalls ein Investment im Obligationenbereich von «emerging markets» in Lokalwährung sowie höher verzinste Währungen in Schwellenländern.

Quelle: Joachim Fels, Chefökonom bei PIMCO https://www.pimco.de/de-de/resources/video-library/media/konjunkturausb…;